von Matthias Heinz

Überraschenderweise werden die Spielelemente, die am häufigsten mit negativen Auswirkungen auf das Lernen
in Verbindung gebracht werden, auch am häufigsten verwendet: Bestenlisten, Abzeichen und Punkte.
Spielelemente, die eigentlich motivieren sollen, können also auch demotivieren.

Der Einsatz von Spielelementen kann mit einer Vielzahl von Risiken und unerwünschten Nebeneffekten verbunden sein, z. B. Manipulation, Motivationsverlust, Ermutigung zu Verhaltensweisen, die nur dann gezeigt werden, wenn sie belohnt werden, Streben nach extrinsischen Belohnungen statt intrinsischer Motivation, Spieloptimierung statt Konzentration
auf die Aufgabe und verstärkte Preisgabe von Informationen. Das Bewusstsein für mögliche negative Auswirkungen von Gamification ist im Kontext des Lehrens und Lernens in mehrfacher Hinsicht wichtig. Lehrkräfte, die Spielmechanismen einsetzen, um ihre Szenarien motivierend zu gestalten, müssen wissen, dass positive Aspekte nicht garantiert sind und sich ins Gegenteil umkehren können. So kann beispielsweise ein gamifiziertes Unterrichtsszenario dazu führen, dass die Lernenden überfordert oder abgelenkt werden, wenn Spiel und Lernkontext nicht ausreichend aufeinander abgestimmt sind. Die Lernenden müssen für die negativen Folgen von Gamification sensibilisiert werden, um zu verhindern, dass sie in einen Flow geraten, der sie vom eigentlichen Lernziel ablenkt oder sogar Effekte (wie Neid und Angst) verursacht, welche den Lernprozess behindern.

Studien zu Gamification beziehen sich meist auf die Evaluation einzelner Projekte und deren positive Ergebnisse, ohne mögliche Risiken und Nebenwirkungen kritisch zu beleuchten[ 16] [17]. Die Beantwortung der Frage, welche Risiken und unerwünschten Nebeneffekte mit dem Einsatz von Gamification verbunden sein können, ist ausschlaggebend für die Entscheidung, ob und wie Gamification eingesetzt wird. Damit folgt diese Studie dem Forschungsdesiderat, dass mögliche negative, unerwünschte oder nicht erwünschte Effekte von Gamification erforscht werden sollten[16]. Dazu ist es zwingend notwendig, die sogenannte dunkle Seite von Gamification (Dark Side of
Gamification – DSoG) zu betrachten, indem hinterfragt wird, welche Risiken und unerwünschten Wirkungen in diesem Zusammenhang genannt werden und welche alternativen Begriffe existieren. Die DSoG wird über eine Literaturrecherche zugänglich gemacht, mit dem Ziel, den Horizont möglicher Risiken und Nebeneffekte von Gamification zu identifizieren. Darüber hinaus ermöglicht die Recherche die Identifikation weiterer, für die Forschungslücke relevanter Schlüsselbegriffe für eine vertiefte Analyse. In drei Schritten wurden 17 relevante
Publikationen identifiziert, die sich mit dem Begriff DSoG beschäftigen. Diese wurden in den Jahren 2015 bis 2020 veröffentlicht. In diesen Publikationen werden viele Risiken und Nebeneffekte benannt, die durch Gamification verursacht werden können. In einer Gruppendiskussion unter Expert*innen im Bereich GBL wurden diese den
gemeinsam gebildeten Kategorien Verhalten, Motivation, Intention, Leistung, Daten und Emotion zugeordnet.
Eine Übersicht sensibilisiert die Lehrkräfte für mögliche Risiken und Nebenwirkungen, sodass diese vor dem Einsatz von Gamification berücksichtigt werden können. Zur Beantwortung der zweiten Frage wurden die Alternativbegriffe geclustert. Diese reichen von negativen Effekten, Konsequenzen, Ergebnissen und Auswirkungen bis hin zu Implikationen und Problemen sowie weiteren DSoG-Alternativbegriffen, die nicht weiter geclustert werden können. Diese potenziellen Schlagwörter werden in einer zukünftigen umfassenden Suche nach Risiken und Nebenwirkungen außerhalb der DSoG verwendet.

GBL kann…
Dinge auf gute und schlechte Weise verändern, was beabsichtigt oder unbeabsichtigt sein kann, z.B. unterstützen und manipulieren,
motivieren und demotivieren.

GBL kann nicht…
generell als positiv deklariert werden, da es eine
helle, graue und dunkle Seite von Gamification gibt.