von Steve Nebel

Die Forschung sollte sukzessive auf andere Spielmechaniken und instruktionale Prinzipien angewendet werden.
Es gilt die jeweiligen Gelingensbedingungen, Potentiale und Grenzen herauszuarbeiten.

Zentrales Element unserer Studie[08] ist, dass die Anwendung von GBL oder Gamification-Elementen aus mindestens zwei Perspektiven betrachtet werden muss. Einerseits gilt es, gut validierte und empirisch belegte pädagogische Prinzipien oder Methoden des Lehrens und Lernens mit digitalen Medien zu verwenden. In der vorgestellten Studie waren dies beispielsweise das Jigsaw-Principle[09] und der Collective Working Memory Effect[10] [11]. Andererseits
müssen diese Ansätze auch passende Entsprechungen im Game Design finden. So ist nicht nur die soziale Interaktion eine beliebte Spielmechanik[12], sondern auch der Ansatz des Jigsaw (im Sinne von verteilten Informationen und Fähigkeiten) erfreut sich in vielen Spielen großer Beliebtheit. Auf vergleichbare Entsprechungen gilt es, in der Praxis zu achten bzw. sie, wenn möglich, zu implementieren.

Die Zahl hochwertiger Studien zum Thema GBL steigt kontinuierlich. Meta-analytische Studien, die die gefundenen Effekte klassifizieren, zeigen bereits vielversprechende Indizien auf die Kriterien, welche bei der Anwendung von GBL grundsätzlich zu beachten sind. Diese Einsichten werden idealerweise in randomisierten und breit angelegten Stichproben gewonnen, um möglichst verallgemeinerbare Erkenntnisse zu generieren. Jedoch wird sich in der Zukunft noch eine weitere Frage stellen – wie kann nicht nur grundsätzlich, sondern auch ganz individuell am besten mit GBL gelernt werden? Welche Gestaltungsmerkmale sind allgemein sinnvoll und welche Mechaniken bieten sich für ganz individuelle Präferenzen und Eigenschaften an? Gibt es möglichweise Vorrausetzungen unter denen sich die Wirkrichtung vom nachgewiesenen Effekt umkehrt (bspw. eine Aversion gegen bestimmte Mechaniken, fehlende Medienkompetenz)? Welche Rolle spielen darüber hinaus soziokulturelle Bedingungen? Die pädagogische bzw. instruktionale Psychologie adressiert zunehmend, wie digitale Lernmaterialien an das Individuum angepasst werden können[13] [14]. Die gewonnenen Erkenntnisse müssen konsequenterweise ebenfalls im Feld der GBL-Forschung angewendet werden. Ein Ansatz der zurzeit noch nicht intensiv genug verfolgt wird[15]. Dabei haben Videospiele bereits eine lange Entwicklung im Bereich der Individualisierung genommen. Nicht nur nutzerinnengesteuert (bspw. individualisierbare graphical user interfaces), sondern auch aus Medienperspektive (bspw. adaptive Schwierigkeitsgrade) lassen sich zahlreiche Beispiele identifizieren. Wird diese Expertise mit den Kenntnissen der Psychologie kombiniert, könnte sich GBL bedeutend weiterentwickeln. Dabei sollten Themenfelder wie Accessibility, Inklusion und Bildungsgerechtigkeit mitbedacht werden, damit diese Entwicklung allen Lernenden zu Gute kommt. Letztendlich könnte sich im Verlauf des beschriebenen Prozesses die Adaptivität als weiterer entscheidender Vorteil des Mediums etablieren. Dazu sollten u. a. Lehrende in der Praxisanwendung auf individuelle Nutzerinneneigenschaften achten sowie den Bedarf nach entsprechenden Lernmedien artikulieren.

GBL kann…
eine ausgesprochen potente Erweiterung bestehender Lernmedien sein. GBL ist in der Lage
völlig neue Wissensstrukturen zu vermitteln.

GBL kann nicht…
als eine Pauschallösung für alle Lerninhalte angewendet werden und ist auch nicht „automatisch“
geeigneter als andere Lernmedien.